Bekenntnisse eines deutschen Offiziers:
Bosnien lässt mich nicht schlafen.
Ein Satz aus dem Jahr 1999, ausgesprochen in Banja Luka, verfolgt den ehemaligen deutschen Offizier Andreas Fecker bis heute. Er war Ende der neunziger Jahre in Bosnien und Herzegowina verantwortlich für die Einführung ziviler Strukturen in der Luftfahrtbehörde: "Wenn SFOR hier rausgeht, dann haben wir noch einige unerledigte Dinge vor uns." Den Namen der Person will er nicht sagen, weil er sich verändert haben und jetzt anders denken könnte.
Fecker ist jetzt Autor und Journalist und hat sich auf dem Gebiet des Luftverkehrs weiter spezialisiert. Er fürchtet, dass auf dem Balkan nicht alle Menschen aus der Vergangenheit gelernt haben. Er ist dankbar für die Tatsache, dass er die Möglichkeit hatte, die Nachkriegssituation in Bosnien und Herzegowina kennenzulernen.
"Ich erlebte Dankbarkeit und Skepsis. Ich wäre gerne länger in BiH geblieben um zu helfen und zwischen den Menschen zu vermitteln. Aber natürlich verfolge ich die Berichte in den Medien. Ich glaube, dass viele Leute gehofft hatten, dass Friede und Normalität schneller einkehrt, dass sich das Land schneller erholen und schnell in die europäische Gemeinschaft integriert wird. Diese Erwartungen haben wir enttäuscht, weil immer neue Krisen dazukamen (Irak, Afghanistan, Somalia, Griechenland ...)", so erzählt Fecker.
Eine Geschichte aus seiner Zeit in Bosnien-Herzegowina hat sich in seine Erinnerung eingebrannt, sie beschäftigt ihn manchmal noch immer in der Nacht.
Stolz und Enttäuschung
In seiner Kolumne, die er für das Portal airportzentrale.de schreibt, erzählt Fecker aus dieser Zeit, als mit einem Mann aus dem Fonds der Weltbank über die Ausbildung von bosnischen Fluglotsen verhandelt. Sein Plan war, dass Vertreter der drei ethnischen Gruppen aus ihrer spannungsgeladenen Umwelt herausgenommen und eine Ausbildung oder Spezialisierung an der Flugsicherungsakademie der deutschen DFS oder der der Bundeswehr teilnehmen. Die Weltbank war nach seinen Worten bereit, dies mit $ 1.000.000 zu unterstützen. "Ich war stolz, diesen Erfolg den drei ethnischen Direktoren der gemeinsamen Luftfahrtbehörde von BiH zu verkünden.“
Während der Bosnier und der Kroate begeistert applaudierten, erzählt Fecker, sagte Serbe: "In diesem Fall würde ich $ 333.333 nehmen und die Ausbildung unsere Fluglotsen in Belgrad durchführen lassen." Fecker antwortete, dass dies keine Option sei - entweder gehen alle zusammen oder es gibt kein Geld. Da war seine Antwort: "Dann eben nicht."
"Ich fühlte mich schrecklich. Ich kämpfte gegen meine Tränen. Vielleicht war es ein taktischer Fehler, den Vorschlag allen dreien zusammen zu machen. Um es militärisch auszudrücken, - jemand sah meine offene Flanke und steckte ein Messer hinein. Er traf damit den Bosnier, den Kroaten und mich. Dieser Mann fühlte, wie stolz ich war, als ich diese Option anbot. Ich habe gelernt, dass man sich in der Nachkriegszeit nicht von Emotionen leiten lassen darf, sondern kühl und objektiv handeln. Man muss seinen Plan gut entwickeln und den Partnern Zeit zum Nachdenken geben, sich vielleicht auf einer höheren Ebene zu beraten", sagt Fecker.
Er erinnert auch daran, dass sich Belgrad und Zagreb die Kontrolle und den NOTAM Service für den Luftraum von BiH geteilt haben. "Die beiden Agenturen aus Serbien und Kroatien, wie ich mich erinnere, erhielten von den Gebühren je 45 Prozent, 10 Prozent blieben für Sarajevo", sagt er. „Ein eigenes Kontrollzentrum zu errichten wäre zwar eine mögliche Alternative gewesen. Aber im zerfallenden Jugoslawien für jeden Teilstaat einen eigenen Luftraum zu schaffen? In einer Zeit, in der Europa Lufträume zusammenlegt? Auf manchen Strecken sind die Piloten schon durch den Luftraum hindurch, bevor sie Antwort von der Bodenstation erhalten haben. Außerdem können die Gebühren ja nicht beliebig festgesetzt werden. Die „Unit Rate“ muss den tatsächlichen Ausgaben entsprechen.
Bosnien und Herzegowina muss von einem Mann mit Wissen vertreten werden
Fecker glaubt jedoch, dass die internationale Gemeinschaft dem Land immer noch helfen könnte, Kontrolle über sein Land zu erhalten. "BiH muss sich aktiv in der ECAC (European Civil Aviation Conference) engagieren, die aus 44 Ländern besteht. In den letzten Jahren trat eine große Anzahl von osteuropäischen Ländern der ECAC bei, aber sie spielen leider eine passive Rolle in seiner Arbeit. Wer BiH vertritt, muss Englisch sprechen, er muss die Interessen seines Landes vertreten aber er muss respektvoll sein. Er muss sich auskennen und darf keine versteckte Agenda haben. Es darf keine unterschwellige Feindseligkeit zwischen den Ethnien herrschen, weil die internationale Gemeinschaft in Zeiten der Krise sehr empfindlich darauf reagiert".
Nach Meinung vieler Experten hat BiH immer noch zu wenige ausgebildete Fluglotsen. Die Luftfahrtbehörde in Bosnien und Herzegowina (BHANSA) würde diese Ausbildung durch vermehrte Einnahmen aus den Überfluggebühren gerne übernehmen, sollte das Luftraumproblem des Landes bis 2019 abgeschlossen sein. Fecker erinnert im Übrigen daran, dass bosnische Fluglotsen früher zur Ausbildung in die Türkei und nach Malaysia gingen, und fragt, ob dies für die Menschen aller Ethnien eine gute Lösung sei. "Vielleicht sollten wir versuchen, eine andere Lösung über die ICAO oder EUROCONTROL zu organisieren, wie zum Beispiel ein Training in Deutschland oder Luxemburg", sagte er.
Einsparungen durch die friedliche Koexistenz
Vor kurzem ging die BH Airlines bankrott. Fecker meint, es sei oft der Fall, dass Fluggesellschaften in kleineren Ländern oft nicht in der Lage sind, genügend Passagiere und Fracht (Gepäck) erzeugen, um die Kosten des Flugbetriebs zu decken. "Ich schrieb einst ein Buch von 1500 Seiten über alle wichtigen Fluggesellschaften der Welt. Manche Airlines existieren nur aus Prestige. Es gibt große nationale Airlines, die längst bankrott sind und trotzdem auf Staatskosten weiterfliegen."
BiH verabschiedete kürzlich eine Defense Review. Ein wichtiger Aspekt dieses Dokuments ist nach Meinung vieler Analysten die überfällige Modernisierung der Hubschrauberflotte.
Nach Feckers Worten sollte BiH seine Kräfte mit den Ländern der Region bündeln, und gemeinsam etwas für die Modernisierung tun. "Militärische Aufrüstung verschlingt leider anderweitig dringend benötigte Haushaltsressourcen". Er stellt fest, dass man durch friedliches Zusammenleben am meisten spart, weiß aber auch, dass es manchmal nicht einfach ist.
Quelle: Al Jazeera