Andreas Fecker ist ein vielseitiger Mensch. Der 66-Jährige hat Maschinenschlosser gelernt und sein Berufsleben als Militärlotse verbracht, er ist Karateka und macht Musik, er reist um die Welt und hat zahlreiche Luftfahrt-Fachbücher veröffentlicht. Für das Internetportal www.airportzentrale.de schreibt Andreas Fecker die Kolumne „Luftpost" – kurze Geschichten, in der er sich jede Woche einem neuen Thema aus der Luftfahrt widmet. Eine Auswahl dieser Texte hat er in seinem im Dezember 2016 erschienen Buch „Luftpost" zusammengefasst. Kostproben aus diesem Werk präsentierte er bei der Langener Lesung.
Die Geschichten, die Fecker ausgewählt hat, zeigen die Bandbreite seiner Kolumnen. Es sind etliche Flieger-Anekdoten dabei, in denen es um kurzsichtige Piloten, durch die Druckwelle eines Starfighters geplatzte Scheiben und einen Militärjet geht, aus dem sich die Crew wegen eines Missverständnisses per Schleudersitz rettet, obwohl das Flugzeug völlig intakt ist. Und um einen Piloten der britischen Luftwaffe, der bei einer Übung aus Versehen seinen Kameraden abschoss. Die Techniker hatten versäumt, den Entsicherungsschalter zu verriegeln, weil das dafür normalerweise verwendete rote Klebeband ausgegangen war. Die Geschichte mit dem Titel „Friendly Fire" geht übrigens gut aus – der Unglückspilot rettet sich mit dem Schleudersitz und wird mit dem Hubschrauber zum Flugplatz zurückgebracht, wo es zu einer Slapstick-artigen Begegnung mit dem Übeltäter kommt.
Daneben enthält der Band Fachtexte, in denen der Leser etwas über die Zusammenhänge des Fliegens erfährt – zum Beispiel über die Gemeinsamkeiten von Seefahrt und Luftfahrt, über Vogelschlag oder über Flughäfen, die Piloten vor besondere Herausforderungen stellten. Auch hier knüpft Fecker immer wieder Anekdoten mit ein – zum Beispiel in einer Kolumne, in der es um das Thema „missed approach" geht. Er erzählt von einem Helfer auf dem Fliegerhorst Büchel, der einen unbekannten Gegenstand von der Bahn räumen sollte und bei einem Unfall auf der Piste einen Teil seines Daumens verlor. Während der Suche nach dem fehlenden Fingerglied musste dann eine Maschine nach der anderen durchstarten – ein völlig normales Verfahren, wie Fecker deutlich macht.
Neben eher robustem Humor hat der Autor aber auch einfühlsame Texte zu bieten. Zum Beispiel den über eine Flugbegleiterin bei Singapore Airlines, die nach einem Unfall beim Start – die Maschine war auf einer gesperrten Piste in einen Baumaschinenpark gerast – etliche Passagiere aus dem brennenden Flugzeug rettet. Oder den kuriosen Fall einer Dreijährigen in Sardinien, die ein lebensrettendes Medikament aus Deutschland benötigt – und die damit eine unfassbar komplexe Rettungskette auslöst, an der deutsche Polizisten, ein Starfighter-Pilot, ein österreichischer Militärattaché, ein italienischer Fluglotse und viele, viele andere beteiligt sind.
Und dann gibt es Texte, mit denen Fecker eine moralische Botschaft vermitteln möchte. Da geht es um den Irrsinn des ersten Weltkriegs und Menschen, die heute für den angeblich „Heiligen Krieg" ihr Leben opfern. Oder um die vielen, vielen Passagiere, die nach den Terroranschlägen des 11. September wegen des gesperrten Luftraums über den USA auf dem Flughafen Gander in Neufundland strandeten – und dort eine Welle von Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft erlebten. Fecker formuliert die Moral dieser Geschichten immer ganz explizit, das ist Geschmackssache. Wer lieber seine eigenen Schlüsse zieht und es nicht so mag, wenn der Autor dem Leser seine Botschaft allzu sehr unter die Nase reibt, kann ja weiterblättern - schließlich sind die Texte kurz.
Insgesamt kam der Themenmix bei den Gästen der Langener Lesung gut an. Im Anschluss an die Veranstaltung nutzten zahlreiche Besucher die Gelegenheit, ein druckfrisches Exemplar der „Luftpost" zu erwerben und vom Autor signieren zu lassen.