Text: Viktor Sturzenegger
3 Kilometer Autobahn bringen Dich genau 3 Kilometer weiter,
aber 3 Kilometer Flughafen-Piste geben Dir die ganze Welt.
Andreas Fecker hat einen Bildband geschaffen, den er in seinem Vorwort mit den Worten aus dem Titel dieses Artikels einleitet. Seine bildhafte Art der informativen Erzählung ist von mir schon in Zusammenhang mit Beschreibungen früherer Bücher des Autors gelobt worden und auch in seinem neuen Buch gelingen Andreas Fecker instruktive und interessante Erläuterungen, diesmal zur Geschichte von Flughäfen auf der ganzen Welt.
Die dazu gehörenden Bilder sind alle aus der Luft aufgenommen, geben aber teils nur einen kleinen Teil der Plätze wieder, was natürlich angesichts der Dimensionen der durch die Pisten- und
Rollwegsysteme bedeckten Fläche der Grossflughäfen verständlich ist, aber auch der Abwechslung dient. Oft scheint es allerdings, dass ein Bild der Einzigartigkeit eines Flugplatzes nicht gerecht
werden kann. Und einzigartig sind sie, auch wenn sich beim Überfliegen der Bilder gewisse Wiederholungen einstellen. Derartige Grossprojekte sind immer eine gefragte Spielwiese für interessante
Architektinnen und Architekten. Aber Andreas Fecker geht es in seinen Beschreibungen um das Grosse Ganze, auch Politisches findet Erwähnung und so ergibt das Buch einen Einblick nicht nur in die
Entwicklung der Fliegerei auf der Welt, sondern auch in die Veränderungen der politischen Landschaft.
Beim Blättern kommen mir zwangsläufig Erinnerungen an spannende Landeanflüge, kritische Starts und scheinbar ewig dauerndes Taxiing vom Pistenende bis zum Gate.
Vor allem Anflüge bei guter Sicht und überschaubarem Verkehrsaufkommen waren mir immer ein Genuss: so der Anflug auf Milano Linate über die Alpen oder jener auf San Francisco über das Golden Gate
oder die Starts von Galeão in Rio de Janeiro mit dem extra angeforderten tiefen ersten Level-off für den By-pass am Zuckerhut vorbei via Copacabana und Ipanema Richtung São Paulo. Dass sowohl Linate
mit seinem parallel liegenden Wasserflugplatz, wie auch Salzburg mit seiner schwierigen Topografie nicht im Buch vorkommen, trübt meine Freude am Lesen kaum. Mir ist natürlich klar, dass es auch
einem Andreas Fecker nicht gelingen kann, das ganze Spektrum der Flughäfen der Welt in einem einzigen Band abzudecken.
In diesen Zeiten der Pandemie haben Flughäfen einen schweren Stand. Die ganze Infrastruktur läuft manchmal für nur zehn Prozent des üblichen Verkehrs. So gesehen sind die stehenden Bilder aus Feckers
Band beinahe symptomatisch – alles steht still. Doch gerade deshalb gelingt es den Lesenden auch, innezuhalten und die Einbettung eines Platzes in eine Landschaft oder Stadt oder die architektonische
Erscheinung der Gebäude aus der Luft einmal in Ruhe zu betrachten. So konnte mir auch auffallen, dass die Bilder von Shanghai Pudong und Singapur Changi offenbar verwechselt wurden. Das ist aber
nicht weiter schlimm, sind die Texte jeweils auch ohne das dazu gehörende Bild interessant genug, um die Lesenden zu fesseln.
Gerade heute ist dieses Buch eine Hilfe, um die Schwierigkeit, Fernreisen durchzuführen, zu kompensieren und uns alle träumen zu lassen, dass es bald wieder möglich sein wird, die abgebildeten
Flugplätze anzufliegen und ferne Länder zu bereisen.
Andreas Fecker: Flughäfen von oben.
Geramond Verlag GmbH, München 2020
ISBN 978-3-96453-089-9